Hans Steinbrück

Hans Steinbrück war 1944 zentrale Figur in der Auseinandersetzung zwischen Gestapo und seiner sich um ihn strukturierten Gruppe Jugendlicher in Köln-Ehrenfeld, die für ihn Waffen beschafften.

Am 12. April 1921 in Goslar (Harz) geboren, verlor Hans Steinbrück mit fünf Jahren seine Eltern und kam in ein Waisenhaus. In seiner Volksschulzeit beteiligte er sich aktiv am Aufbau des Jungvolkes der HJ in der Altmark. Auf Veranlassung der Waisenhaus-Leitung musste er statt der erwünschten Ausbildung zum Schlosser eine Schmiedelehre beginnen. 1937 gelang sein Versuch, aus dieser Lehre auszubrechen und als Schiffsjunge in Hamburg anzuheuern, er fuhr bis 1939 zur See. Steinbrücks Werdegang gestaltete sich wechselhaft: Hafenarbeiter in Düsseldorf, Ableistung des Arbeitsdienstes, Einzug zum Militär 1941. Baldige Entlassung wegen Malaria-Erkrankung. Dann kam der Bruch: 1942 bewarb er sich bei der Gestapo-Leitstelle Düsseldorf um eine Anstellung. Ohne diese jedoch bereits erhalten zu haben, gab er sich als Gestapo-Angehöriger aus, wurde wegen Amtsanmaßung festgenommen und landete schließlich im KZ Buchenwald.

September 1942 kam er als politischer Häftling eines auf dem Gelände des Arbeitserziehungslagers Köln-Deutz (Messelager) untergebrachten Außenkommandos des KZ nach Köln. Hier meldete er sich freiwillig zum Bombenräumkommando und entschärfte über 900 Blindgänger im Gaugebiet Köln-Aachen. Seither war der tollkühne Steinbrück – von vielen nun der „Bombenhans“ genannt, eine lokale Berühmtheit in Köln. Doch Oktober 1943 floh er aus dem Deutzer Lager: Eine Zeit der ständigen Flucht und Wiederergreifung begann. Dezember 1943 kam er wieder nach Köln: In der Schönsteinstraße 7, der Wohnung seiner Lebensgefährtin, begann Steinbrücks Ehrenfelder Zeit.

Hier in Ehrenfeld, aufgrund seiner großen Zerstörung ein ideales Rückzugsgebiet für illegal lebende Menschen, hatten wie er entflohene Zwangsarbeiter oder Deserteure Zuflucht gefunden. Steinbrück, der immer Gefallen am Umgang mit Jungen und ihrer Führung fand, suchte Kontakt zu Jugendlichen, wie umgekehrt diese den Kontakt mit ihm interessant fanden. Statt wie bisher teilweise zu den Treffpunkten der Edelweißpiraten in Ehrenfeld zu gehen, sammelten sie sich seit 1944 in der sog. „Steinbrück-Gruppe“. Die Jungen folgten den Anweisungen von Steinbrück, ihm Waffen zu beschafften. Warnungen, seine gefährliche Nähe zu meiden, ignorierten sie.

Oktober 1944 wurde Ehrenfeld Schauplatz erbitterter Auseinandersetzungen zwischen Gestapo und den hier untergetauchten Zwangsarbeitern, wobei auch die Gruppe um Steinbrück von der Gestapo aufgegriffen wurde: Am 10. November 1944 wurde Steinbrück als Führer einer „Terrorbande“ Ecke Hüttenstraße/ Schönsteinstraße zusammen mit 12 weiteren seiner Gruppe erhängt.

Rusineck: Gesellschaft in der Katastrophe, S. 123 ff.
Materialsammlung NS-Dokumentationszentrum