Edith Stein am Tag ihrer „Einkleidung“

  

Edith Stein

Bedeutende Philosophin und katholische Theologin, die 1933 in den Kölner Karmel eintrat und 1942 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde.

Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 als Tochter eines jüdischen Kaufmannes in Breslau geboren. Schon als Kind befand sie sich auf der Suche nach Gott und der Wahrheit. Ihre Familie lebte im Ganzen angepasst und liberal, einzig Mutter Stein war besonders tief im jüdischen Glauben verwurzelt. Edith Stein brach als Vierzehnjährige die Schule ab und half im Haushalt ihrer älteren Schwester. Später äußerte sie sich, dass sie schon in diesen Jahren ihren Gottesglauben abgelegt habe und zur "Atheistin" geworden sei. 1911 begann sie zunächst an der dortigen Universität mit dem Studium der Fächer Deutsch, Geschichte und Psychologie, ab 1913 studierte sie in Göttingen Philosophie.

Im Anschluss an ihr Staatsexamen in Deutsch, Geschichte und philosophischer Propädeutik promovierte sie in Philosophie bei E. Husserl und begann ihre Arbeit als Lehrerin und Dozentin für Pädagogik. Die begabte junge Jüdin gehörte bald zum engsten Kreis um Husserl. In diesen Jahren hatte die Jüdin Edith Stein erste Begegnungen mit dem Kreuz und Gott, die Lektüre der Autobiografie der heiligen Teresia von Avila wurde ihr zum Schlüsselerlebnis. So konvertierte sie am 1. Januar 1922 in Bergzabern (Südpfalz) zum Katholizismus.

Von 1923 bis 1931 wirkte Edith Stein als Lehrerin an den Höheren Schulen der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer. Ihre wissenschaftlichen Publikationen und Forschungen dieser Jahre konzentrierten sich auf die Suche nach einer Synthese der Husserlschen Phänomenologie mit der Seinslehre des Tomismus und den Versuch, die Begriffwelt des Thomas von Aquin mit der Methode der Phänomenologie neu zu begründen. Es entstanden die Werke: "Eine Untersuchung über den Staat" (1924) und "Das Ethos der Frauenberufe" (1931). Edith Stein reifte zur christlichen Philosophin.

1932 wurde sie Dozentin am Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, jedoch aufgrund ihrer jüdischen Herkunft nach dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufbeamtentums" bereits im April 1933 wieder entlassen. Anstatt endlich auf einem vielversprechenden und ihr gemäßen Tätigkeitsfeld wirken zu können, musste Edith Stein auf ihre Dozentur verzichten und schrieb in Breslau ihre autobiografischen Erinnerungen: "Aus dem Leben einer jüdischen Familie". Am 15. Oktober 1933 zog sie sich in den Schutz des Kölner Karmel "Maria vom Frieden" (Dürener Straße 89) zurück und trat am 15. April 1934 unter dem Namen Teresa Benedicta a Cruce ("Schwester Theresia vom Heiligen Kreuz") in den Orden ein. Ihre Einkleidungsfeier wurde zu einem ungewöhnlichen Fest: So viele Gäste hatte der Lindenthaler Karmel noch nie auf einmal empfangen. 1938 legte sie die ewigen Gelübde ab.

Um ihre Mitschwestern nicht zu gefährden, übersiedelte Edith Stein nach der Reichspogromnacht am 31. Dezember 1938 in den holländischen Karmel in Echt. Hier versah sie das Amt der Windnerin, d.h. sie vermittelte zwischen der Klausur des Klosters und der Außenwelt. Gleichzeitig begann sie wieder mit ihrer Arbeit an ihrem großen Werk: "Endliches und ewiges Sein".

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges emigrierten Familienangehörige von Edith Stein ins Ausland, ihre gleichfalls konvertierte Schwester Rosa Stein trat nun auch in den Karmel ein und gelangte nach Echt. Im April 1945 wurden die Schwestern von der deutschen Gestapo in Maastricht registriert, die Versuche, in die Schweiz zu emigrieren, blieben erfolglos. 1940 wurde Holland von deutschen Truppen besetzt. Als die katholischen Bischöfe hier in einem Hirtenbrief vom 26. Juli 1942 gegen die NS-Judenverfolgung in den Niederlanden öffentlich protestierten, kam es zu einem Racheakt der Nationalsozialisten gegen die Kirche. Es folgte die Verhaftung aller holländischen Ordensleute jüdischer Herkunft. In dem Transport zum Internierungslager Westerbork befanden sich auch Edith und Rosa Stein. Von hier wurden sie weiter nach Auschwitz-Birkenau deportiert und vermutlich am 9. August 1942 ermordet.

1950 wurden Edith Steins philosophischen Schriften posthum unter dem Titel "Endliches und ewiges Sein" veröffentlicht, 1970 ihre Beiträge zu philosophischen Begründung der Psychologie und der Geisteswissenschaften. Am 1. Mai 1987 wurde die jüdische Philosophin und spätere Christin von Papst Johannes Paul II. selig, und 1998 heilig gesprochen.

Bedürftig, Friedemann: Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg, München 2002, S. 476
Die Zeit: Das Lexikon, Zeitverlag 2005, Bd. 14, S. 125
Meyers Grosses Taschenlexikon, Mannheim 1990, Bd. 15, S. 87
Kloster St. Magdalena Speyer: Edith Stein zum Gedenken, Speyer 1987
Herbstrith, Waltraud: Das wahre Gesicht Edith Steins, Aschaffenburg u.a.