Der Kulturkampf im Spiegel der Karikatur: Otto von Bismarck und Pabst Pius IX. am Schachbrett (1875)

  

Kulturkampf

Im "Kulturkampf" setzte Reichskanzler Bismarck scharfe Maßnahmen gegen die katholische Kirche durch.

Nach der Gründung des Deutschen Kaisserreichs 1871 kam es zwischen dem Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche zum Konflikt. Der politische Katholizismus war mit der Zentrumspartei als zweitstärkste Fraktion in den Reichstag eingezogen. Für Bismarck stand der politische Katholizismus in Opposition zum neuen preußisch dominierten Staat und er befürchtete eine Verbindung mit den katholischen Staaten Frankreich und Österreich.

Schon 1871 verfügte er die ersten Maßnahmen gegen die politische Betätigung der katholischen Kirche, die sich bald zum "Kulturkampf" verschärften. Der Kanzelparagraph verbot Geistlichen, sich auf der Kanzel staatskritisch zu äußern. Im März 1872 verlor die Kirche die geistliche Aufsicht über die Schule. Im selben Jahr wurde der Jesuitenorden verboten und weitere antikirchliche Maßnahmen beschlossen. Vor dem Amtsantritt mussten Geistliche nun an einer deutschen Universität studieren und ein "Kulturexamen" ablegen. Im Jahr 1875 wurde die Zivilehe eingeführt und weitere geistliche Orden verboten.

Viele Priester wurden verhaftet oder flüchteten ins Ausland. Doch Bismarcks Ziel, das Zentrum zu schwächen, erreichte er nicht - im Gegenteil führten die Maßnahmen zu einem stärkeren Zusammenhalt der Katholiken. 1874 verdoppelte das Zentrum seinen Stimmenanteil. Der "Kulturkampf" war für Bismarck verloren. Als 1878 Papst Pius IX. starb, suchte Bismarck mit dem neuen Papst eine Einigung. Er hob die meisten Maßnahmen wieder auf, einige jedoch wie der Kanzelparagraph (bis 1953) oder die Zivilehe blieben bestehen.

Müller, Helmut: Schlaglichter der deutschen Geschichte, S. 186