Marine
Neben dem Heer und der Luftwaffe zählte die Marine zu den drei Waffengattungen der deutschen Wehrmacht. Sie bezeichnet die der Seekriegführung eines Staates dienenden Schiffe und Einrichtungen.
Jeder Teil der Wehrmacht durchlief im Zweiten Weltkrieg eine eigene Entwicklung seiner Tradition, Erfolge und Bedeutung innerhalb der Wehrmacht. Dabei entwickelte sich die deutsche Marine von einer militärisch unbedeutenden und unpolitischen Küstenmarine zu einer wichtigen Stütze des Dritten Reiches und dessen große Hoffnung. Als Hitler 1933 Reichkanzler wurde, war die deutsche Marine eine unbedeutende Teilstreitkraft in einer kontinental ausgerichteten Reichswehr und zudem mit dem historischen Makel belastet, im Kieler Matrosenaufstand 1918 das Vaterland verraten und die Novemberrevolution ausgelöst zu haben.
Nach 1933 verstanden es ihre beiden Führer, Erich Raeder und Karl Dönitz, für die Marine bei Hitler zu werben und ihr Priorität in der Rüstung einzuräumen. Es war der Plan, die Marine ab 1935 zur Weltmachtflotte auszubauen, damit sie vor Kriegsbeginn eine mächtige Flotte gegen England aufbauen und später die deutsche Seegeltung im Atlantik-Raum erlangen sollte.
Zwar zerstörte der frühe Kriegsbeginn diese Hoffnungen, dennoch gaben die Blitzkriegserfolge bis 1940 wie die Besetzung Norwegens und Dänemarks der Marine eine ideale geografische Ausgangsbasis für den Traum von einer großen Flotte für ein kontinentales Großreich unter Hitler. Doch dieser legte zuerst auf die Eroberung neuen Lebensraumes im Osten größeren Stellenwert und brauchte die Marine erst anschließend zur Verteidigung dieser geplanten Weltmachtstellung gegen die USA und Großbritannien. Erst seit Stalingrad hoffte Hitler noch bis zum Schluss von einer großen Atlantik-Schlacht, dass diese das Kriegsglück für Deutschland doch noch wenden würde. Der hierzu vielbeschworene U-Boot-Krieg entwickelte sich jedoch zu einem einzigen Bluff: Von den hochgelobten U-Booten neuen Typs liefen letztlich nur zwei aus, die Berichte über ihre Erfolge waren weit übertrieben. Letztlich scheiterte die Marine am gewaltigen Unterschied zwischen technischer Höchstleistung und deren Realisierungsmöglichkeiten: Sie erreichte nie den Zustand, zu dem sie ausgebaut werden sollte und führte trotz aller Pläne ein militärisches Schattendasein.
So musste sie erkennen, dass sie den Traum von der Seemacht und dem großen Seekrieg gegen England nicht erreichen konnte. Mit zunehmenden Kriegsverlauf blieb ihr nichts anderes übrig, als im Sinne von Goebbels proklamierten „totalen Krieg“ nun „mit Anstand zu sterben“ und damit die „Schmach“ ihrer Meuterei von 1918 nun durch besondere Tapferkeit und treuen Kampf auszugleichen. Bis zum bitteren Ende hatte die Marine die Anweisung, den U-Boot-Krieg auf dem Wasser fortzusetzen, den Heeresgruppen Kurland und Nord Nachschub zu bringen und vor allem die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten zu transportieren. Nicht im U-Boot-Krieg, sondern bei dieser Evakuierung wuchs sie über sich hinaus.
Die Zeit: Das Lexikon, Bd. 9, S. 345. Die Wehrmacht. Mythos und Realität, S. 245 ff., S. 267 ff.
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