Todesmarsch zum Kriegsende Richtung Dachau

  

Todesmarsch

Erzwungene Märsche großer bewachter Gefangenenkolonnen gegen Ende des Krieges

Als der Zweite Weltkrieg sich seinem Ende näherte, wurden KZ-Häftlinge in großer Zahl gezwungen, sich in Todesmärschen Richtung Deutschland zu begeben. Sie mussten zu Fuß gehen oder wurden in Güterwagen gepfercht. Die Nationalsozialisten nannten das Evakuierung, doch die Märsche fanden über weite Entfernungen und unter unerträglichen Bedingungen und brutalen Misshandlungen statt. Die Häftlinge sollten nicht gerettet werden, sondern als mögliche Zeugen der nationalsozialistischen Verbrechen fortgeschafft und umgebracht werden. Ein großer Teil von ihnen wurde von den Begleitmannschaften ermordet.

Einer der ersten großen Todesmärsche im Zusammenhang mit der Evakuierung der KZ fand im Juli 1944 in Polen statt, als Häftlinge ohne Verpflegung und Pausen 130 km marschieren mussten. Die meisten KZ in Polen wurden Mitte Januar 1945 evakuiert, als die Rote Armee immer weiter vorrückte. 66 000 Häftlinge aus dem Vernichtungslager Auschwitz mussten ab dem 18. Januar 1945 Richtung Westen marschieren, um auf deutsche KZ verteilt zu werden. Etwa 15 000 Menschen wurden bei diesem Marsch ermordet.

Auch die Todesmärsche des KZ Stutthof bei Danzig an die Ostseeküste forderten zahlreiche Opfer. An der Küste angekommen trieben die Wachen alle Überlebende ins Meer und schossen sie mit Maschinenpistolen nieder. Nur 13 Menschen von insgesamt 7000 Häftlingen überlebten dieses Massaker. Zehntausende Häftlinge aus anderen Lagern kamen im Januar und Februar um.

Als die Alliierten im März und April immer näher rückten, erhöhte sich die Zahl der Todesmärsche. Etwa 250 000 KZ-Häftlinge, ein Drittel davon Juden, wurden nun auf die Märsche geschickt. Ihre Gräber finden sich über Deutschland und Österreich verstreut. Von den 40 000 Häftlingen des KZ Buchenwalds, die gezwungen wurden, das Lager zu verlassen, wurden 13 500 auf dem Weg ermordet.

Todesmärsche, die nicht mit der Räumung eines KZ verbunden war, fanden schon während des gesamten Zweiten Weltkriegs statt. Im November 1944 in Ungarn wurden 35 000 Juden und Jüdinnen einen Monat lang zu Fuß von Budapest an die österreichische Grenze geschickt.

Nur wenige der tausenden SS-Männer, die die Todesmärsche organisierten und begleiteten und somit schuld am Tod von zehntausenden Häftlingen sind, wurden nach dem Krieg für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen. Auch die deutsche und österreichische Bevölkerung leistete wenig Unterstützung für geflohene Häftlinge.

Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 759-761