Flüchtlingspolitik der Schweiz gegenüber Juden
Auf die jüdischen Flüchtlinge, die zwischen 1933 und 1945 in die Schweiz einreisen wollten, reagierte die Schweiz mit einer strikten Verweigerungshaltung.
Die Schweiz war ab 1940 ganz vom Herrschafts- und Einflussgebiet der Achsenmächte umgeben. Sie blieb jedoch strikt neutral, profitierte aber gleichzeitig von der nationalsozialistischen Politik und kam der deutschen Regierung in vielerlei Hinsicht entgegen.
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 kamen zahreiche Flüchtlinge in die Schweiz. Während politischen Emigranten Asyl gewährt wurde, wurden andere Flüchtlinge gedrängt, so schnell wie möglich weiterzureisen. Zwischen 1933 und 1945 passierten zehntausende Juden die Schweiz. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 und vor allem nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Schweiz ein Ziel zahlloser insbesondere jüdischer Flüchtlinge aus ganz Europa.
Aus Angst vor „Überfremdung“ wehrte sich die Schweiz gegen diese jüdischen Flüchtlinge. Die Verweigerungshaltung in der Schweizer Flüchtlingspolitik ging so weit, dass die Schweizer Behörden 1938 die Kennzeichnung der Pässe deutscher und österreichischer Juden initiierten. Anders als nicht-jüdische deutsche und österreichische Touristen sollten Juden nicht visumsfrei in die Schweiz einreisen dürfen. Mit dem nationalsozialstischen Deutschland einigte sich die Schweiz auf die Markierung der Pässe mit einem großen „J“ (für Jude). Diese diskrimierende Maßnahme bedeutete für viele jüdische Flüchtlinge eine Katastrophe: Nicht nur bei der Einreise in die Schweiz, auch an der Grenze zu anderen Ländern konnten die Behörden nun sofort jüdische Flüchtlinge aussondern und ihnen die Einreise verweigern.
Obwohl verschiedene Strömungen in der Schweizer Gesellschaft daran appellierten, das traditionelle Asylrecht für Verfolgte beizubehalten, verschärften die Behörden die Einreisebestimmungen nach Kriegsbeginn. Bis auf einige Ausnahmen wie etwa alleinreisende Kinder wurden alle illegal Einreisenden ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, die ihnen drohten, sofort ausgewiesen. Jüdische Hilfskomitees in der Schweiz bemühten sich um die Betreuung der Flüchtlinge. Gegen Ende des Krieges erreichten einige Transporte mit mehreren tausend Juden aus Konzentrationslager die Schweiz, die ihm Zuge von Verhandlungen mit den Nazis freigelassen worden waren.
Benz, Wolfgang/Graml, Hermann/Weiß, Hermann (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 2001, S. Gutman, Israel u.a. (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, München/Zürich 1998, S. 1294-1297
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